aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Wir werden Komparsen des bäuerlichen Lebens
Hans Pschuskel reklamiert herbe infrastrukturelle Defizite im ländlichen Stadtraum und plädiert deshalb für den Bündniskandidat Holger Kelch

Cottbus (h). Wenn Leute einen Vorteil darin sehen, dass ein brandenburgischer Minister OB in Cottbus wird, hält Bauer Hans Pschuskel heftig dagegen: „Der soll mal in Potsdam seine Hausaufgaben machen. Wir kommen hier mit Holger Kelch klar. Es ist vieles in Ordnung zu bringen. Das sollten OB Kelch und Minister Szymanski nach der Wahl Hand in Hand tun.“
Was Hans Pschuskel, Stadtverordneter der CDU mit stets stimmgewaltigem Hintergrund in seinem Saspower Wahlkreis, so ärgert, ist ein ganzes infrastrukturpolitisches Programm.
„Stadtpolitik kümmert sich fleißig um Toiletten an der Oberkirche, Ampeln auf Kreuzungen und Stadtumbau. Aber das reicht nicht, weil seit 1950 durch Eingemeindungen die Stadtfläche vervielfacht wurde. Das reicht nicht!!“, zürnt er. Die Stadt tickt im Innenbereich anders als hier draußen. „Aber während ‘richtige Dörfer’ im Spree-Neiße-Kreis wenigstens Förderung erfahren, haben Stadtbauern und deren Erben nur Nachteile.“ Bäuerliche Traditionen inspirieren unverhältnismäßige Feiersucht. „Monatelang Erntefeste, Erntedank, Kürbistag, Gurkentag... „Das ist lächerlich! Wo wird denn noch angebaut und geerntet? Uns Landleute macht man zu Komparsen bäuerlichen Lebens vor verklärter Erinnerung.“
Die Wirklichkeit aber sei hart und rechtsbeugend. Besitzstandsdenken, das der Urkraftquell bäuerlichen Daseins ist, werde 17 Jahre nach dem Mauerfall mit Füßen getreten, und mit neuen Satzungen fleddert die Stadt das Landvolk zusätzlich. Es geht in unzähligen Fällen um Flächennutzungen ohne Einverständnis der Besitzer. „Mitten auf dem Acker stehen Hochspannungsgittermasten für 110 kV-Leitungen. Vattenfall macht Millionengewinne. Kein Wunder: Die zahlen keinen Cent für meinen Grund und Boden. Genau wie die Fernheizleitungs- und Eisenbahnbetreiber. Grundbesitzer werden übers Ohr gehauen und sogar noch dreist zur Kasse gebeten.
Das Beispiel einer Erdgasleitung im Dorf Saspow macht das Problem deutlich: Ein Autovermieter muss die Entwertung seines Grundstücks ertragen, weil eine Erdgasleitung durch den Garten führt. Zu DDR-Zeiten ist sie nach TGL-Normen verlegt worden. Jeweils 17 Meter nach rechts und links darf nicht gebaut werden. Das Grundstück mitten im Dorf wurde praktisch wertlos. Aber der Besitzer muss heute Grundsteuern und jetzt 25 000 Euro für Abwasseranschluss zahlen - auch für die Gasleitungsfläche.
„Wir fühlen uns wie die kleinen Deutschen Michel mit Pudelmützen bis über die blinden Augen“, karrikiert Pschuskel die Befindlichkeit in Saspow, Wilmersdorf und Skadow. „Deshalb wollen wir, dass Frank Szymanski erst mal von Potsdam aus Druck macht, dass Grundstücks-Dienstbarkeitsgesetze und Flurneuordnungen endlich durchgesetzt werden. Wir kommen hier alle ins Chaos, wenn Erbfälle eintreten. Wem soll man denn die Quadratmeter mit Lichtmasten oder Heizleitungen überschreiben? So vertreiben wir die Kinder.“
Draußen bei seinen „Maiberger Wiesenrindern“ bessert sich Pschuskels Laune. Die Tiere hatten gut zu fressen, weil vom Hammergraben Stauwasser auf die Wiesen floß. Aber: Auch der Graben ist ein DDR-Unrechts-Bauwerk. Er wurde quer über Pschuskels Wiesen begradigt. Die Flächen dahinter sind abgeschnitten. Aber wenigstens ein Weg führt nordwärts zur Koppel. Den darf Pschuskel „auf eigene Gefahr“ (siehe Schild-Abbildung) passieren, obwohl ihn seine Vorfahren 1811 angelegt haben und er selbst ihn mit seinem Vater befestigte. Es gibt Kuriositäten im ländlichen Stadtraum ohne Ende...

Hier ist die nördliche Grenze von Cottbus: Der Hammergraben.
Hier ist die nördliche Grenze von Cottbus: Der Hammergraben. Aber es ist nicht der richtige Hammergraben, sondern ein begradigtes Stück. Das fließt mitten über Hans Pschuskels Wiese. „Ich könnte eine Kahnfahrt einrichten“, überlegt er, „oder ich bau’ eine Brücke oder lege den Hammergraben zurück ins alte Bett. Die Rinderherde schreit nach Futter...“ Stadtverordneter Hans Pschuskel, „linker, reformierter Flügel der CDU“, wie er sich definiert, hofft nach der Wahl auf Hilfe durch Oberbürgermeister Holger Kelch und Infrastrukturminister Frank Szymanski: „Der hat in Potsdam noch viele Hausaufgaben zu machen...“
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