aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Erinnerungen an einen „undisziplinierten Haufen“
Ehemalige Studenten des HfB-Matrikels 1956 trafen sich im Hörsaal zu einer Rückschau

Cottbus (gg). Die Haare sind grau, der Gang etwas langsamer - aber nach gut 45 arbeitsreichen Jahren an vielen
Reißbrettern und auf verschiedensten Baustellen Deutschlands - in den Augen blinkt noch der Schalk. Rund 50 Studenten des Matrikels `56 der ehemaligen Hochschule für Bauwesen Cottbus trafen sich am Dienstag im Hörsaal, um das runde Immatrikulationsdatum zu feiern.
Zum 1. September `56 waren die rund 100 Erstsemester der vierte Jahrgang an einer jungen Hochschule, die es nach der Gründung 1954 nicht einmal auf 10 Jahre Bestand brachte. 1963 schon wurde die HfB-Hochschule für Bauwesen, damals mit 415 Studenten, kurzerhand aufgelöst. Zu den Gründen erinnerte sich Dr. Siegried Möbius, der mit dem Schicksal des Hochschulstandorts auch später beruflich verbunden blieb: “Von uns sprach man als undisziplinierter Haufen. In diversen Schreiben an das Ministerium wird von unzureichendem Einfluss des überforderten Lehrkörpers auf die Studentenschaft gesprochen. Unser Rektor, Prof. Musterle, war 1958 aus der SED ausgetreten und wir feierten ausgelassene Faschingspartys, die den Obersten in Berlin ein Dorn im Auge waren!“
An der Videowand des alten Hörsaalgebäudes in der Sielower Straße erinnern auch Fotos an diese Zeit: Maskierte Junggesellen begleiten die in Kutschen vorfahrenden Professoren vom Bahnhof aus durch die ganze Stadt. In den Händen Schilder mit der Aufschrift „preußisch-brandenburgische Landeshochbauschule“. Provokant war der Jahrgang - aber eines wurde den jungen Absolventen ebenfalls bestätigt: Ihre Ausbildung wies höchstes Niveau auf. „Wir sind mit verschiedenen Anforderungen - ob Ost, ob West - in unserem Berufsleben stets zurecht gekommen“, sagt Dr. Möbius und erntet Zustimmung unter den heute pensionierten Akademikern, die mit Ehefrauen oder ohne zwei Tage in Cottbus in Erinnerungen schwelgen. Ein Abend im Bistro, das sie noch als Erichs Bierhaus kannten, gehört ebenso dazu, wie ein Stadtrundgang und ein Vortrag von Museumsleiter Steffen Krestin zu 850 Jahren Stadtgeschichte.
Zahlreiche Hoch- und Fachschulgründungen am Standort Cottbus folgten dieser ersten ungeliebten HfB - zuletzt die der BTU im Jahre 1991. In den Unterlagen sind die Pioniere der Cottbuser Ingenieursausbildung leider fast vergessen. Sie selbst aber verbinden lebendigste Erinnerungen an die Studentenzeit in unserer Stadt.

 
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