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Sprechen für die, die es nicht können
Behindertenbeirat fürchtet Qualitätseinbußen bei Kinder-Frühförderung

Cottbus (gg). Im Jahre 2004 hat die Stadt sich selbst in die Pflicht genommen: Die Stadtverordneten verabschiedeten das „Konzept zur Entwicklungg der barrierefreien Stadt“ - nur sechs Kommunen in Brandenburg sind dabei. Auch zur Chancengleichheit aller Menschen gibt es seit 2000 ein öffentliches Bekentnis. Jetzt scheint die Kienbaum-Studie aber Standards für die Chancengleichheit behinderter Menschen erneut in Frage zu stellen. Das beklagen Veronika Piduch, Vorsitzende des Behindertenbeirates und Irena Wawrzyniak, Behindertenbeauftragte der Stadt im PolitPiano am Donnerstag.
Zwar ist ein breites Bekenntnis der Stadtverordneten da, wenn es um den Erhalt der Stelle der Behindertenbeauftragten geht, aber das Unheil droht bei den Frühförder- und Beratungsstellen sowie in den Förderschulen, sagt Veronika Piduch. Noch kümmern sich hier städtische Therapeuten, Logopäden und Heilpädagogen um jährlich über 200 Kinder bis 6 Jahre, deren Ent- wicklung gefährdet ist, stimmen den Behandlungsbedarf miteinander ab. Sollten im Rahmen von Einsparungen die Stellen in freie Trägerschaft gehen, ist die Bezahlung der vielfältigen Zuwendungen gefährdet. Die freien Träger leisten einen guten Job, bekräftigt Veronika Piduch, aber „...es fehlt in Brandenburg eine Gesetzgebung, die den freien Trägern die Vergütung sichert. Dann entscheiden die Krankenkassen und das heißt Kürzen, wo es nur geht!“ Bis 2008 soll über die Zukunft der Einrichtungen entschieden werden, deshalb ist in den nächsten Monaten das verstärkte Engagement der Betroffenen bzw. der Eltern nötig.
Alle müssen sich äußern, auch wenn sich der Behindertenbeirat als Sprecher versteht, für die, die es nicht können.
Nach zwei Jahren zog er erstmals im Februar vor der Stadtverordnetenversammlung Bilanz, was aus den 2004 gesteckten Zielen geworden ist. Für die rund 15 000 Behinderten in der Stadt fehlt es an geeignetem Wohnraum (nötig wären 1,5 Wohnungen pro 1000 Einwohner), an durchgängig barrierefreien Wegen und Ämtern, an öffentlichen WCs. Mit viel Druck, aber auch mit kollegialem Miteinander ist Irena Wawrzyniak an den Problemen dran. Und sie freut sich über jedes Geschäft, dass den Willkommens-Aufkleber für die Barriefreiheit bekommt: 130 von 400 in der Stadt haben es geschafft. Am Mittwoch kamen die Geschäfte am Forum Sachsendorf neu hinzu. Das ist nicht selbstverständlich. Denn, sagt sie: „Man versteht die Probleme erst, wenn man selbst betroffen ist - und das kann jeden Tag eintreten“!


Irena Wawrzyniak, städtische Behindertenbeauftragte und Veronika Piduch, Vorsitzende des Behindertenbeirates, haben beide in der Fürsorge für benachteilgte ihre beruflichen Wurzeln. Mit Fachwissen und Engagement sprechen sie für die, die es nicht selbst können
Foto: S. Pönack
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