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HKW: Alle müssen Verlierer sein
Sanierungskonzept für angeschlagene Stadtwerke erfordert Zugeständnisse von allen: Eigentümer,
Banken, Stadt, Zulieferer, Mitarbeiter und Kunden

Cottbus (gg). Wenn man die Summe aus allen Zugeständnissen bildet, die für die Stadtwerke in den nächsten zehn Jahren zu machen sind, kommen 142 Millionen Euro zusammen. 13 Millionen davon schultert die Stadt. Ihre Stadtverordneten haben beschlossen, der Misere auf den Grund zu gehen. Nur die Wege dahin werden verschieden gesehen. Karin Kühl von der Linken.PDS, Gast im PolitPiano, hat da ihre Erfahrungen aus einem GWC-Ausschuss: „Wir hatten zu wenig Kompetenzen - wir haben auf Unterlagen teilweise ein viertel Jahr gewartet!“ Ihre Fraktion hat deshalb per Anzeige gegen Unbekannt den Staatsanwalt auf den Plan gerufen.
Das hält Matthias Schulze, ihr Abgeordnetenkollege von der FDP, für überzogen: „Ich erwarte, dass auch bei einem zeitweiligen Ausschuss alle nach Kräften zur Aufklärung beitragen!“ Und, sagt er, es muss Konsequenzen für die Zukunft geben: Ausschussmitglieder müssen betriebswirtschaftliche Grundlagen beherrschen, es darf nicht nur nach parteipolitischen Gesichtspunkten besetzt werden. Es ärgert ihn überdies, dass nicht zeitig nach technischen Lösungen für die instabile Technik gesucht wurde. Karin Kühl, seit 1997 selbst im Aufsichtsrat der Stadtwerke, beklagt, dass die Information für Entscheidungen nicht gut genug aufbereitet waren. Und sie teilt nicht die Ansicht ihres FDP-Kollegen, dass auch über Insolvenz nachgedacht werden müsse. „Wir haben eine Verantwortung für die Versorgungssicherheit!“ Da springt ihr die Oberbürgermeisterin Karin Rätzel aus dem Publikum bei: „Wir verlangen viel von allen Beteiligten, damit sie das Überleben der Stadtwerke sichern - nicht nur die Bürger und Mitarbeiter müssen bluten. Es ist im Interesse auch der Haushalte, dass die städtische Mitsprache erhalten bleibt.“ Und sie erinnert sich gut daran, mit
welcher parteiübergreifender Begeisterung das HKW einst auf den Weg gebracht wurde. Schon damals gab es Warnungen, aber die blieben ungehört - ein Fakt, der wohl Aufklärung braucht. Ein Bürger aus dem Publikum formuliert den Bürgerzorn: „Wir müssen bluten für anderer Leute Fehler!“ Dass das Sanierungskonzept der schmerzärmste ist, erklärt Karin Rätzel am gestrigen Freitag in einer kurzfristig einberufenen Presse-Konferenz (siehe Kasten). Bankberater Dr. Frank Karbenn prägt dabei diesen Satz: „Das beste Sanierungskonzept ist das, bei dem sich alle als Verlierer fühlen. Gäbe es einen Gewinner, wäre etwas schief gelaufen!“ Und: Es gibt breite Bereitschaft, die Lasten zu tragen. Bis Ende Februar sollen aus dem Konzept (alle 57 Seiten unter www.cottbus.de veröffentlicht) konkrete Sanierungsverträge erarbeitet werden. Rätzel: „Harte Arbeit, die uns täglich beschäftigt!“

Warum ist das Sanierungskonzept
besser als die Insolvenz der Stadtwerke?


vorgetragen von OB Karin Rätzel, Dr. Frank Karbenn (Bankberater Sal. Oppenheim) und Dr. Torsten Kunze, SWC-Chef:
  • Die Versorgung mit Fernwärme und Strom bleibt gesichert, es gibt in einigen Stadtteilen keine Alternative zum SWC-Netz
  • In 3-5 Jahren soll die Technik störungsfrei und kostengünstige Versorgung sichern (Dr. Kunze: technische Änderungen werden bereits veranlasst und scheinen zukunftsträchtig)
  • Die Stadt kann ihr Gesicht als verlässlicher Vertragspartner gegenüber Banken und anderen Geldgebern wahren
  • Die Mitarbeiter behalten geltendes Tarifrecht, auch wenn 50- 80 Arbeitsplätze von 340 in 2006 eingespart werden müssen
  • Die Verbraucherpreise bleiben trotz 4-prozentiger Erhöhung brandenburgweit im Mittelfeld
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