aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Klare Signale für einen starken Standort
Im Jubiläumsjahr starten mehrere Großprojekte / Stadtwerke sollen in sechs Jahren wieder Gewinne einfahren / Bahnhofsumfeld wird Schwerpunkt im Stadtumbau / Achse Berlin-Breslau vitalisieren

Cottbus (GHZ). Optimismus und Sorge mischen sich für viele Cottbuser zu einem Gefühl erwartungsvoller Spannung am Anfang des Jubiläumsjahres 2006. Über die Ausgangssituation und große Projekte sprach Jürgen HEINRICH diese Woche mit der Cottbuser Oberbürgermeisterin.
• Was bewegte Sie an diesem besonderen Neujahrstag 2006?
K. RÄTZEL: Viel Optimismus und Vorfreude auf ein schönes Festjahr. Es hält reichlich Arbeit für alle bereit, die mit Kommunalpolitik und städtischer Wirtschaft zu tun haben, und es verspricht guten Ertrag. Ich wünsche allen Cottbusern, dass sie ihre Aufgaben finden, gesund sind und Freude erleben.
• So viel Optimismus?
K. RÄTZEL: Ja, natürlich, und ganz begründet. Gewissermaßen als Weihnachtsgeschenk kam am 23. Dezember die Billigung unseres Bäderzentrums vom Land, und zwei Tage zuvor hatten die Stadtverordneten einen positiven Grundsatzbeschluss zum Gepro-Einkaufs-zentrum in der City gefasst. Das sind doch prächtige Signale.
• Das neue Sport- und Spaßbad öffnet also 2007. Privat finanziert. Von wem?
K. RÄTZEL: Von einem Unternehmen aus Wernigerode. 16 Millionen Euro kostet der Bau. Dafür gibt’s dann direkt an unserem Freibad an der Sielower Landstraße eine Halle mit acht 50-Meter-Bahnen, Sprungbecken mit 3- und 5-Meter-Turm, ein Spaßbad und einem kleinen Wellnessbereich. Ideal also für alle, auch für unseren Landesleistungsstützpunkt Schwimmen, aus dem mit Benjamin Starke ja auch ein Olympionike kommt.
• Mit der neuen Spreewaldtherme kollidiert da nichts?
K. RÄTZEL: Im Gegenteil. Beides ergänzt sich.
• Weitaus größer noch - etwa 50 Millionen - ist die Innenstadt-Investition, falls Gepro das in unserer Zeitung beschriebene Center baut. Besteht dafür schon Gewissheit?
K. RÄTZEL: Das nicht. Aber unser Anwaltsbüro Hebisch & Partner ist beauftragt, konstruktiv an tragfähigen Verträgen zu arbeiten. Wir wollen, nachdem ein Bauantrag gestellt ist, zügig die Baugenehmigung erteilen. Für uns muss alles sicher sein; zum Beispiel darf der Käufer das Grundstück nicht höher beleihen, als seine dort sichtbaren Baufortschritte das zulassen. Ich glaube, dass wir 2007 eine Top-Einkaufsstadt sind. Vielleicht nicht im Juli, wie Sie schrieben, aber doch im Advent.
• Und gleich um die Ecke gibt’s dann ein Kino.
K. RÄTZEL: Das ist ja mit dem Weltspiegel schon mal da. Dort ist manches mehr vorstellbar, wenn der Betreiber das Nachbarhaus, das altes SPD-Eigentum ist und leer steht, kaufen könnte. Wir könnten kommunale Konzepte aus dem Glad House nach hier verlagern.
• Bei solch teuren Freiwilligkeiten fällt dem Leser ein, dass Cottbus sich in schwerer Klemme befindet. Aus der „Geldmaschine“ Stadtwerke wurde eine Schuldenfalle.
K. RÄTZEL: So sieht’s wohl aus, aber alle Verantwortlichen in Stadt und Land haben schwer gearbeitet. Jetzt gibt es ein Sanierungskonzept, das bewirken kann, dass die Stadtwerke 2012 wieder Gewinn bringen.
• Wie soll das gehen?
K. RÄTZEL: Zunächst wandelt einer der Hauptgläubiger, die DKB, ihre Forderungen in Beteiligung um. Der Bank gehören die Stadtwerke dann zu 74,9 Prozent, 25,1 Prozent bleiben bei der Stadt. Dann muss die Stadt Geld für die Flugplatzgesellschaft Neuhausen und Cottbusverkehr aufbringen, das eigentlich von den Stadtwerken kommen sollte. Die Stadtwerker selbst strecken sich auch. Durch Lohnverzicht bei gleicher Arbeit geben sie jetzt schon 1,6 Millionen Euro in den Sanierungsweg, drei Millionen sollen sie noch bringen.
• Und die Anleger?
K. RÄTZEL: Tja. Die kassieren wohl weiter. Als Fondsführer hat die Hypovereinsbank 100 Millionen von Anlegern deutschlandweit im Spiel.
• Die fordern?
K. RÄTZEL: Immer zehn Prozent. So sind die Verträge.
• Warum tut sich die Stadt das alles an? Ist die Insolvenz hier nicht der gebotene Ausweg?
K. RÄTZEL: Ich hielte das für ein verheerendes Signal. Das würde doch bedeuten: Mit Cottbus kann man keine Geschäfte machen. Niemand würde sich je wieder mit uns einlassen. Nein: Wir haben uns Mitte der 90er Jahre ein Heizkraftwerk bestellt, mit großer Stadtverordneten-Mehrheit damals. Und wer bestellt, der bezahlt auch.
• Wie konnte solch ein Fehlauftrag entstehen?
K. RÄTZEL: Ohne auf politische Konstellationen einzugehen, führten drei Faktoren in die Misere: der Strompreis-Verfall, der unterschätzte Bevölkerungsrückgang und der geringere spezifische Wärmeverbrauch.
• Ein Kraftwerk, das keins mehr ist, gehört zu den erfreulicheren Cottbus-Themen.
K. RÄTZEL: Ja, der Umbau des Dieselkraftwerks zum Kunstkraftwerk geht planmäßig mit Landesfördermitteln voran.
• Auch der generelle Stadtumbau?
K. RÄTZEL: Auch der. Dort arbeiten wir ja im Schulsektor an sehr guten, wenn auch aufwändigen Lösungen. In Sachsendorf entstehen ein Grundschulzentrum und eine zeitgemäße Oberschule, und in Sandow gestalten wir unter Einbeziehung der schönen historischen Schule ebenfalls ein neues Schulzentrum.
• Veränderungen deuten sich im Bahnhofsumfeld an.
K. RÄTZEL: Ausgangsgedanke ist für mich: Es gibt eine klare Landesaussage zur zentralen Bedeutung der Stadt Cottbus für Südbrandenburg. Da müssen wir endlich mit einem ordentlichen Verkehrskonzept antworten. Ich begrüße Angebote zu Parken+Reisen mit der Bahn, ich sehe aber auch Logik unsere Altvorderen, die der Achse Berlin-Cottbus-Breslau sowohl auf der Schiene als auch via Autobahn größte Wertigkeit gaben. Berliner Züge müssen über Cottbus und Forst nach Breslau fahren, nicht über Görlitz.
• Warum ruht eigentlich das Thema Ostumgehung?
K. RÄTZEL: Dazu muss ich unseren Verkehrsminister befragen, der sich sehr für Belange seiner Vaterstadt engagiert, wie er oft genug betont. Aber auch die Westumfahrung darf nicht sterben. Wir brauchen die große Brücke über die Bahn und nicht jede Menge Schranken und dicken Stau in der Külz-Straße.
• Danke für das Gespräch.

Oberbürgermeisterin Karin Rätzel
Vor allem arbeitsreich stellt sich Oberbürgermeisterin
Karin Rätzel das Cottbuser Jubiläumsjahr vor
Foto: Hnr.
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