Cottbus
(tr). An Gutes gewöhnt man sich sehr schnell. das
ist auch in Polen so, sagt Witold Krzesinski, Rundfunkjournalist
aus Warschau mit einem verschmitzten Lächeln. Und in der
Tat verlief das Einstiegsjahr Polens in der Europäischen
Union (EU) unerwartet erfolgreich. Zu einer ersten
polnischen EU-Bilanz lud die liberale Friedrich-Naumann-
Stiftung ins Presse-Café DoppelDeck ein. Wir haben
den Lohn für unseren 14-jährigen Anpassungsprozeß
eingefahren, erzählt Witold Krzesinski nicht ohne stolz.
Zwar wird man erst in 20 bis 30 Jahren westlichen Lebensstandard
erreicht haben, doch gibt es schon heute viele Profiteure. Vor
allem die Landwirte. Kurz vor der EU-Erweiterung gab es bei den
Bauern nur 20 Prozent Befürworter. Jetzt sind es bereits
63 Prozent. Tendenz steigend. Darüber hinaus wächst
die Wirtschaft pro Jahr um fünf Prozent, und das Handelsdefizit
wurde verringert. Zudem sind an den polnischen West- und Südgrenzen
die Paßkontrollen entfallen.
Doch gibt es freilich auch Schattenseiten. Die Arbeitslosigkeit
ist mit 19 Prozent unser größtes Problem. Immerhin
arbeiten schon 65 000 Polen im EU-Ausland. Problematisch sind
auch die enormen Preisanstiege. Die gefühlten
Teuerungsraten in der Bevölkerung liegen bei 40 Prozent.
Offiziell allerdings nur bei 4,5 Prozent. Da gibt es wohl
Parallelen zur Einführung des Euro in Deutschland,
mutmaßt Witold Krzesinski. Ohnehin sind die deutsch-polnischen
Beziehungen zur Zeit an einem Tiefpunkt angelangt, stellt der
Rundfunkjounalist fest. So gibt es in allen EU-Fragen entgegengesetzte
Positionen. Deutschland will seinen Besitzstand waren. Polen
hingegen holt immer mehr auf und wird langsam als Konkurrent angesehen.
Und weiter: Die Bürger sind da glücklicherweise
schon viel weiter. Es gibt so viele Partnerschaften. In den Herzen
der Menschen sind wir längst zuhause angekommen, dort wo
Polen hingehört.
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Der Rundfunkjournalist
Witold Krzesinski gilt als exellenter Kenner der deutsch-polnischen
Beziehungen. Die derzeitige Krise zwischen beiden Staaten könnte
vielleicht durch den neuen Papst Benedikt XVI. geschlichtet werden.
Er soll sich für den Gottesbezug in der europäischen
Verfassung einsetzen
Foto: T. Richter |