Cottbus
(tr). Angst! Und Panik vor dem Tag des jüngsten
Gerichtes beherrschte die Szenerie in jenen Frühlingstagen
vor 60 Jahren. Schließlich waren die Russen
im Anmarsch. Die Lausitz im April 1945. Endzeitstimmung. Siegfried
Ramoth, heute Werbener Ortschronist und Ehrenbürger, erlebte
damals den Einmarsch der Roten Armee in der Niederlausitz hautnah
mit. Ebenso Tage später die Hölle von Halbe. Im August
1945 kehrte er in sein Heimatdorf zurück. Doch war es kastriert:
Die Kirche abgebrannt. Man hat versucht, es den Russen in
die Schuhe zu schieben. Doch ist bewiesen, daß eine deutsche
Flagbatterie vom Burger Schloßberg aus den Kirchturm beschossen
hatte. Sie vermuteten dort einen russischen Beobachtungsposten.
Die Russen hingegen halfen den Werbenern noch beim Löschen,
erinnert sich der Ortschronist. Am 22. April 1945 wurde das Spreewalddorf
von der Roten Armee eingenommen. Am gleichen Tag wie auch Cottbus.
Es begann die Zeit zwischen Krieg und Frieden, in der die alte
Ordnung nicht mehr und die neue noch nicht galt.
Bald schon kehrte Ramoths Zeitgenossin Helga Kochan aus dem Exil
im Elbe-Elster-Land ins heimatliche Cottbus zurück. Zwar
stand noch das elterliche Wohnhaus in der Berliner Straße,
doch lagen am benachbarten Berliner Platz das Weiße
Roß sowie die Volksschule in Trümmern. Meine
Eltern sagten nur, `Gott sei Dank, daß wir noch leben´,
erinnert sich Helga Kochan. Sie mußte dann Schienen am Bahnhof
abbauen. Ihren späteren Mann Klaus lernte sie in den Nachkriegswirren
kennen. Nämlich im Sommer 1946. Auf dem elterlichen Hof von
Klaus Kochan stand ein großer Birnbaum, dessen Früchte
begehrte Tauschobjekte waren. So hab´ ich die Helga
geködert, sagt Klaus Kochan verschmitzt. Lausitzer
Alltag vor 60 Jahren.
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Vor allem
im Süden war Cottbus stark
zerstört - hier die Dresdener Straße / Ecke Lutherstraße.
In der Innenstadt kam es zu Gebäudeverlusten durch Brandstiftung
Foto: Archiv |