Sein Daumen
zeigt hinter seinen Platz durchs Fenster auf die Häuser in
der Umgebung, als Heinz-Florian Oertel am Montag beim Sport-Mix-Talk
in der WernerPASSAGE mit Joachim Rohde auf die Anfänge seiner
Karriere zu sprechen kommt. Die erste Reportage machte er 1949
für den Rundfunk, der damals sein Domizil in der Wilhelm-Külz-Straße
hatte.
Namen wie Perlen
Nur wenige Straßenecken weiter stand später auch die
erste Reporter-Schreibmaschine seines Fachkollegen Hajo Schulze.
Und noch mehr Cottbuser Sportler und Sportbegeisterte verbindet
viel mit dem Rundfunk-Star - alle sie begrüßt er persönlich
und namentlich zu seinem Talkabend. Denn Namen sind seine Edelsteine,
die der 77-jährige in seinem erstaunlichen Gedächtnis
wie in einem Schatzkästchen bewahrt, so dass manchem jüngeren
Zuhörer vor Staunen der Mund offen stehen bleibt. So weiß
er noch genau, dass eben bei dieser ersten Reportage anlässlich
eines Frauen-Feldhandball-Endspiels in Luckenwalde nur eine Tor
fiel - geschossen von Gisela Weidner. Ihr Name ist der erste in
seiner Perlenkette, auf die er in 45 Jahren noch viele Bedeutende
auffädeln konnte. 17 mal kommentierte Oertel die Olympischen
Spiele für die DDR, achtmal die Fußballweltmeisterschaften,
25 Mal Eiskunstlauf-WMs und 17 mal die Friedensfahrt. Wichtige
Personen der Zeitgeschichte lernte der Cottbuser bei seinen beliebten
Reihen Portrait per Telefon kennen. Ich habe
vor allem den Sportlern viel zu verdanken, sagt er, nur,
weil es sie gab, hatte ich so ein ereignisreiches Leben!
Für solche Art Bescheidenheit konnte er im DoppelDeck gleich
mehrfach spontanen Applaus ernten.
Seine Cottbuser Wurzeln nämlich hat er nicht vergessen -
20 Schallplatten, mit denen die Musiksendungen Anfang der 50er
ausgestaltet wurden, sein Herzblut, dass er in die Sendungen über
den regionalen Sport entlang der Spree gesteckt hat.
Bilder aus Worten
Und obwohl er eigentlich Schauspieler werden wollte, blieb der
Rundfunk weit vor dem Fernsehen sein Lieblings-Medium. Bilder
mit Worten malen - darin versteht er sich bis heute am besten.
Das Fernsehen machte vieles davon überflüssig - die
Bilder sprechen für sich.
Für Heinz-Florian Oertel aber blieb die gute Sprache der
Mittelpunkt seines Schaffens. Später kann er sogar mit einer
Doktorarbeit über Die Persönlichkeitseigenschaften
sprechender Reporter die Theorie auf diesem Gebiet vertiefen
- eine der weniger bekannten Seiten des unterhaltsamen Entertainers.
Dazu passt auch seine Leidenschaft für gutes Theater, schöne
Musik, so wie sie zum Sportmix von Weggefährten Hans-Wilfrid
Schulze-Margraf gespielt wird.
Dass er gelegentlich immer noch auf seinen Waldemar-Aufruf
angesprochen wird, hält er irgendwie aus. Es wundert ihn
gelegentlich, denn kein anderer seiner zahlreichenpointierten
Sprüche hat so sehr die Zeiten überdauert und sieben
Familien tatsächlich bei der Namensgebung inspiriert. Und
ein weiteres mal verblüfft Oertel, weil er noch immer weiß,
gegen welche Konkurrenz und mit welcher Zeit Waldemar Schepinski
damals den Marathon bei Olympia 1980 gewann.
Nachspielzeit
Die Liga-Tabellen heute nennt er Augenwischerei, denn es fehlten
hinter den Punkten und Platzierungen die Nennung der Jahresetats,
an denen sich sportliche Leistungsfähigkeit mehr denn je
festmacht.
Das kommende Jahr wird auch für ihn ein spannendes, nicht
nur wegen der Fußballweltmeisterschaft, auch weil im Februar
sein Olympia-Buch mit Kristin Otto erscheint. Ein Jahr später
sollen weitere spannende Geschichten veröffentlicht werden.
Langfristige Pläne macht man nicht mehr in den Nachspielzeit
des Lebens, sagt Oertel lächelnd. Auf manchen Einwurf
aber darf man sich immer noch freuen. G.G.
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Heinz-Florian
Oertel traf im Sport-Mix im DoppelDeck alte Sportbekannte, wie
Radsport-Vollblut Eberhard Pöschke. Den Geist der damaligen
Sportereignisse geht auch das Buch Kaupe von Hajo
Schulze auf den Grund
Foto:
Gabi Grube
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