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... und es begann mit Gisela Weidner
Reporterlegende Heinz-Florian Oertel erinnert sich im Sport-Mix-Talk im Presse-Café DoppelDeck an 45 amüsante und arbeitsreiche Reporterjahre / Im Februar nächstes Olympiabuch geplant

Sein Daumen zeigt hinter seinen Platz durchs Fenster auf die Häuser in der Umgebung, als Heinz-Florian Oertel am Montag beim Sport-Mix-Talk in der WernerPASSAGE mit Joachim Rohde auf die Anfänge seiner Karriere zu sprechen kommt. Die erste Reportage machte er 1949 für den Rundfunk, der damals sein Domizil in der Wilhelm-Külz-Straße hatte.
Namen wie Perlen
Nur wenige Straßenecken weiter stand später auch die erste Reporter-Schreibmaschine seines Fachkollegen Hajo Schulze. Und noch mehr Cottbuser Sportler und Sportbegeisterte verbindet viel mit dem Rundfunk-Star - alle sie begrüßt er persönlich und namentlich zu seinem Talkabend. Denn Namen sind seine „Edelsteine“, die der 77-jährige in seinem erstaunlichen Gedächtnis wie in einem Schatzkästchen bewahrt, so dass manchem jüngeren Zuhörer vor Staunen der Mund offen stehen bleibt. So weiß er noch genau, dass eben bei dieser ersten Reportage anlässlich eines Frauen-Feldhandball-Endspiels in Luckenwalde nur eine Tor fiel - geschossen von Gisela Weidner. Ihr Name ist der erste in seiner Perlenkette, auf die er in 45 Jahren noch viele Bedeutende auffädeln konnte. 17 mal kommentierte Oertel die Olympischen Spiele für die DDR, achtmal die Fußballweltmeisterschaften, 25 Mal Eiskunstlauf-WMs und 17 mal die Friedensfahrt. Wichtige Personen der Zeitgeschichte lernte der Cottbuser bei seinen beliebten Reihen „Portrait per Telefon“ kennen. „Ich habe vor allem den Sportlern viel zu verdanken“, sagt er, „nur, weil es sie gab, hatte ich so ein ereignisreiches Leben!“ Für solche Art Bescheidenheit konnte er im DoppelDeck gleich mehrfach spontanen Applaus ernten.
Seine Cottbuser Wurzeln nämlich hat er nicht vergessen - 20 Schallplatten, mit denen die Musiksendungen Anfang der 50er ausgestaltet wurden, sein Herzblut, dass er in die Sendungen über den regionalen Sport entlang der Spree gesteckt hat.
Bilder aus Worten
Und obwohl er eigentlich Schauspieler werden wollte, blieb der Rundfunk weit vor dem Fernsehen sein Lieblings-Medium. Bilder mit Worten malen - darin versteht er sich bis heute am besten. Das Fernsehen machte vieles davon überflüssig - die Bilder sprechen für sich.
Für Heinz-Florian Oertel aber blieb die gute Sprache der Mittelpunkt seines Schaffens. Später kann er sogar mit einer Doktorarbeit über „Die Persönlichkeitseigenschaften sprechender Reporter“ die Theorie auf diesem Gebiet vertiefen - eine der weniger bekannten Seiten des unterhaltsamen Entertainers. Dazu passt auch seine Leidenschaft für gutes Theater, schöne Musik, so wie sie zum Sportmix von Weggefährten Hans-Wilfrid Schulze-Margraf gespielt wird.
Dass er gelegentlich immer noch auf seinen „Waldemar-Aufruf“ angesprochen wird, hält er irgendwie aus. Es wundert ihn gelegentlich, denn kein anderer seiner zahlreichenpointierten Sprüche hat so sehr die Zeiten überdauert und sieben Familien tatsächlich bei der Namensgebung inspiriert. Und ein weiteres mal verblüfft Oertel, weil er noch immer weiß, gegen welche Konkurrenz und mit welcher Zeit Waldemar Schepinski damals den Marathon bei Olympia 1980 gewann.
Nachspielzeit
Die Liga-Tabellen heute nennt er Augenwischerei, denn es fehlten hinter den Punkten und Platzierungen die Nennung der Jahresetats, an denen sich sportliche Leistungsfähigkeit mehr denn je festmacht.
Das kommende Jahr wird auch für ihn ein spannendes, nicht nur wegen der Fußballweltmeisterschaft, auch weil im Februar sein Olympia-Buch mit Kristin Otto erscheint. Ein Jahr später sollen weitere spannende Geschichten veröffentlicht werden. „Langfristige Pläne macht man nicht mehr in den Nachspielzeit des Lebens“, sagt Oertel lächelnd. Auf manchen Einwurf aber darf man sich immer noch freuen. G.G.

Heinz Florian Oertel im Gespräch
Heinz-Florian Oertel traf im Sport-Mix im DoppelDeck alte Sportbekannte, wie Radsport-Vollblut Eberhard Pöschke. Den Geist der damaligen Sportereignisse geht auch das Buch „Kaupe“ von Hajo Schulze auf den Grund
Foto: Gabi Grube

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