Cottbus
(h). Es war das finale Gemeinschaftserlebnis der wichtigsten
Wahlkreiskandidaten - dieses PolitPiano auf der überfüllten
DoppelDeck-Terrasse. Alle hatten sich im Wahlkampfmarathon zumindest
befähigt, knapp zu formulieren, damit viel besprochen werden
kann. Gabi Grubes Küchen-Kurzzeitwecker kam kaum zum Warnklingeln.
Den Geräuschpegel bestimmte vielmehr häufig aufbrausender
Beifall aus unterschiedlichen Lagern.
Zu welchen Kernfragen wurden sie, die Kandidaten gefordert, wo
wäre zuerst Handlungsbedarf, wollte die Moderatorin wissen.
Abbau der Arbeitslosigkeit durch Mittelstandsförderung, Wirtschaftswachstum
durch bessere Bildung, deklarierte Prof. Martin Neumann, der FDP-Kandidat.
Steffen Reiche (SPD) will vor allem stärkeres Vertrauen schaffen
- auch für die, wie er meint, gut auf den Weg gebrachten
Reformen. Sie seien sozial gerecht und die größten
Steuerreformen der Nachkriegszeit. Gabriela Arzt (CDU) stimmt
ihm zu, was das Vertrauen betrifft, will die Menschen aber befreien
aus einem maroden Sozialsystem. Eichels Streichlisten
machen mir Angst sagt sie und hat eine freundliche Lösung
für mehr Arbeit: Unternehmern muss die Arbeit wieder
Spaß machen durch Raum für Individualität.
Mit beiden Vorrednern eint Dr. Andreas Trunschke, den PDS-Linken,
fast nichts: Die größte Umverteilung von unten
nach oben erkennt er in der augenblicklichen Politik; er
will ökonomischen Umbau, mehr wirkliche Demokratie.
Rudi Milius als unabhängiger Kandidat steht erstmals auf
Augenhöhe mit Parteikandidaten. Er wurde in Medien und bei
Veranstaltern geschnitten, beklagt sich aber nicht, sondern wirft
ein: Der extremen Staatsverschuldung müsse zuerst Einhalt
geboten werden. Wir bürden unseren Kindern und Enkeln
immer mehr Last auf.
Milius leitete gleich die Wohlstands-Fragerunde ein:
Nicht mit höherer Mehrwertsteuer, warnte er.
Die mache das Handwerk und das Geldausgeben kleiner Leute kaputt.
Während Trunschke die Politik des In-die-Taschen-Fassens
pauschal geißelte und Lafontains 98-er Umverteilungskonzept
hervorkramte, besänftigte die CDU-Kandidatin: Deutschland
habe (auch unter SPD-Flaggen) hohen Wohlstand und soziale Sicherheit.
Lasst uns soviel erwirtschaften, dass wir Erreichtes halten
können, rief sie aus. Trunschke mag recht behalten,
schienen die anderen einzuräumen: Arbeit für alle bleibt
ein unerfüllbarer Traum. Trotzdem:
Reiche verbindet mit Arbeit nicht nur Erwerb, sondern auch Würde
- ein Menschenrecht.
Von Modellregion und Ostförderung war die Rede, die Trunschke
und Neumann noch lange wollen. Dagegen sind sich Reiche und Arzt
einig: Es sei unfair zu konstatieren, der Aufbau Ost sei gescheitert.
Die SPD hat Konzepte für Wachstum, gerade in Brandenburg,
erklärte Reiche, die CDU-Kandidatin hielt es 15 Jahre nach
der Wende für unangebracht, überhaupt noch gedanklich
in Ost und West zu trennen.
Die Botschaften fanden differenzierte Resonanz. Eines aber war
auch nach langer, offenherziger Publikumsrunde deutlich: Sie sind
alle wählbar, diese Kandidaten; ehrenwerte, engagierte Mitbürger.
Man muss zum Stimmlokal...
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Voll die Vielfalt
der politischen Art präsentierte BB Radio- und PolitPiano-Moderatorin
Gabi Grube (r.) zum Wahlkampffinale unterm radioroten Schirm.
Es tröpfelte vom Himmel während der Elefantenrunde
am Donnerstagabend, aber keiner der Kandidaten blieb - auch nicht
im übertragenen Sinne - im Regen stehen: Einzelbewerber Rudi
Milius (Meine erste Chance in Augenhöhe mit den Parteibewerbern),
Dr. Andreas Trunschke für Die Linke-PDS, Gabriele Arzt (CDU),
Steffen Reiche (SPD) und Prof. Martin Neumann (FDP) markierten
Gemeinsamkeiten
und Gegensätzliches ihrer Ansätze für deutsche
Politik Foto: Hnr.
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