aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Fünf Zentren, aber keine klare Mitte
Verwirrendes Einzelhandelsgutachten

Cottbus (h.) Ein Leipziger Beratungsbüro, das sich mit „50 Jahren Erfahrung in Einzelhandelsbegleitung“ als kompetent erklärte, stellte Dienstagabend ein neues Gutachten der Cottbuser Einzelhandels- und Zentrumsentwicklung vor. Im Dezember waren dafür rund 600 Bürger befragt worden. Marktwerte und Bürgerstimmen sind in Beziehung gesetzt worden, um die Sinnhaftigkeit eines Citycenters zu stützen. Doch die bisweilen widersprüchlichen Ausführungen waren geeignet, die unterdessen ins Pro-ECELager geschwenkte Mehrheit wieder nachdenklicher werden zu lassen. Wenn Frau Dr. Silvia Horn mit großer Überzeugungskraft darlegte, daß in der Sprem und deren Nebenstraßen in jüngster Zeit bemerkenswerte Unternehmenskonzepte zu interessanten Handelsangeboten geführt haben und die Gastronomie dort von Befragten überwiegend mit „sehr gut“ bewertet wird, ist die Schlußfolgerung, dem 15 000 bis 18 000 Quadratmeter Handelsfläche in der Stadtpromenade entgegenzusetzen, vollkommen unlogisch. Vielen der riesigen Kraftanstrengungen in der Altstadt, die sich eben zaghaft zu lohnen beginnen, würden herbe Rück-schläge zugefügt.
Zwar lobte der von den Gutachtenden hofierte Galeria-Chef Kai Dierks artig die Vorträge, ob die Metro, der Galeria zugehört, oder andere Unternehmen aber definitiv die jeweils 2 000 Quadratmer Lebensmittelhandel, Damenmoden, Herrenmoden und HiFi/Computertechnik in die City bringen würden, die als „Anker“-Ojekte nötig würden, vermochte er nicht zuzusagen.
Hansjörg Sica ist sich sicher, daß dies nicht gelingen kann. Seine Spree-Galerie besteht im April zehn Jahre - mit der Konsequenz, daß wichtige Mieter „die Chance des auslaufenden Mietvertrages nutzen, Cottbus zu verlassen.“ Sica: „Ich habe keine Aussicht auf Ersatz und rate Cottbus, kleine Brötchen zu backen.“ Zuvor hatte die Referentin von einer Tendenz zu „größerem Flächenbedarf“ gesprochen; nicht eben kompetent, wie Vermieter bemängeln, denn Hintergrund ist der Mietpreisverfall, Flächen werden weit unter Kostendeckung verschleudert.
Wenig hilfreich war auch die Aufteilung des Cottbuser Handelsnetzes in A-Zentrum, B-Zentrum, C-Zentrum, D-1-Zentren, D-2-Zentren und Sondergebiete großflächigen Einzelhandels. Eine derartige „Bestandsaufnahme“ ist nicht die Diskette wert, auf der solche Daten gespeichert sind. Abgeordnete müssen sich fragen lassen, wieviel Gelder noch für Binsenweisheiten solcher Art verschleudert werden sollen.
Kaufkraftpotenziale, die dargestellt wurden, wären sicher allein durch eine IHK-Abfrage zu beziehen. Aus einem Einzugs-potential von 318 431 Einwohnern zwischen Guben und Senftenberg billigt das Gutachten ein Nachfragepotential von 1,4 Milliarden Euro zu. Die Cottbuser, so das Umfrage-Resultat, geben ihr Geld zu 98 Prozent „am liebsten in Cottbus“ aus. Auch jetzt schon, ohne neue City-Galerie.


Ziemlich verwirrt entließ Dr. Silvia Horn am Dienstagabend interessierte Bürger nach einem Informationsabend im Stadthaus, der eigentlich Klarheit in die Einzelhandels- und Zentrumsentwicklung bringen sollte
Foto: Hnr.
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