aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Pflege oder Schnipseln
Zustand des Cottbuser Stadtgrüns bereitet Sorgen

Cottbus (tr). „Die Angst regiert in Cottbus. Zumindestens was Bäume betrifft“, erklärt Landschaftsarchitekt Helmut Rippl sichtlich erregt. Und legt nach: „Die Verkehrssicherungspflicht für Bäume wird völlig übertrieben“. So verschwanden erst unlängst die „grünen Wahrzeichen Sandows“, „kirchturmhohe“ 100jährige Pappeln an der Sanzebergbrücke. „Als Grund wurden Astabbrüche angegeben. Aber die sind doch bei Pappeln ganz normal“, wettert Helmut Rippl weiter. In Cottbus gab es aber nie Personenschäden durch herabfallende Äste. Höchstens mal eine Beule am Auto. Und erst ganz zu schweigen von der „verstümmelten Weide an der Sandower Brücke. Offenbar ist es jetzt modern, Bäume als Gerippe stehen zu lassen. Hier gab es echte fachliche Fehler“.
Diese Fehler weist Norbert Gaffke, Leiter des städtischen Grünflächenamtes weit von sich: „Drei Gärtner haben vier Meinungen. Aber sie sind sich in einem Punkt einig: Das Stadtgrün muß erhalten werden“. Immerhin, Norbert Gaffke und seine Mitarbeiter haben 55 000 Bäume, davon 15 000 an Straßen zu betreuen. Im Vorjahr gab es 300 Fällungen im Stadtgebiet. Doch auch vor dem Grün-flächenamt machen die Sparzwänge der Stadt nicht halt. So stehen 2005 rund 400 000 Euro weniger zur Verfügung. Und Karin Kühl, Vorsitzende des Umweltausschusses und PDS-Stadtverordnete, ergänzt: „Darüber hinaus ist der Baumbestand überaltert, insbesondere bei
Roteichen. Zudem können wir der Verwaltung keinen Freibrief ausstellen, ihre Verkehrssicherungspflicht zu vernachlässigen“. Das bekamen diese Woche die Kahrener in der Karlshofer Straße zu spüren. 30 Rot-eichen wurden gefällt, 100 weitere erhielten Kronenschnitte. Womöglich liegt das Problem in den fehlenden oder fehlerhaften Maßnahmen der letzten Jahre. Nicht nur die Anwohner beobachteten Faulstellen an den Schnittflächen. Norbert Gaffke bestätigt, daß für notwendige „Wundsalben“ kaum Geld zur Verfügung steht.
Für Helmut Rippl handelt es sich „eh nur um Schnipselei“. Und weiter: „Man läßt teure Gutachten erstellen, anstatt seinen gesunden Menschenverstand zu bemühen“. Dafür ist jetzt verstärkt der gesunde Menschenverstand Cottbuser Bürger gefragt. Nämlich im Rahmen des Bürgerhaushaltes. „Es ist erfreulich, daß sich wieder Hausgemeinschaften zusammenfinden, die Bäume oder Grünanlagen regelmäßig pflegen“, lobt Karin Kühl. Allerdings betont die PDS-Politikerin, daß „zur Zeit die sozialen Probleme ungleich schwerer wiegen“.

 
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