Cottbus
(h). Die diplomierte Werkstofftechnikerin und der studierte Wasserwirtschaftler,
sie aus Bautzen, er aus Weißwasser, lernten sich auf dem
Bahnhof kennen. Sie wurden ein Paar und blieben unterwegs. Immer
ohne Auto, statt dessen zu Fuß, per Rad, auch mal paddelnd
oder auf Skiern, gelegentlich in Zügen, Bussen oder Fliegern.
Ein Drittel des Jahres sind wir auf Achse, erzählte
Kerstin Micklitza am Montag beim Künstlerstammtisch
im DoppelDeck über ihr heutiges Leben, den Rest des
Jahres recherchieren oder schreiben wir.
Der Zufall habe sie beide als Studenten in Magdeburg in ein
Sammelbecken alternativer Leute geführt, erzählt
ihr Ehemann André, und so seien beider Berufe in Lausitzer
Wasserwirtschaft und Jänschwalder Kraftwerkstechnik dauerhaft
mit naturverbundener Freizeitgestaltung verknüpft geblieben.
Urlaube mit Rucksack im Riesengebirge und später in
der Hohen Tatra waren die schönsten Zeiten meiner Kindheit,
erinnert sich der bei Weißwasser aufgewachsene André
Micklitza. Mit seiner Frau erwanderte er sich dann die Lausitzer
Heimat und die damals zugänglichen östlichen Nachbarländer.
Land und Leute zu erspüren, die Landschaften zu erfühlen,
Abenteuer in der Einfachheit das Alltäglichen zu finden -
das wurde ihr ausfüllendes Hobby und schließlich ihr
Beruf.
Freischaffende Reisejournalisten nennen sie sich heute,
und was mancher als Traumjob bezeichnen möchte, war und ist
ein schöner, aber auch große Selbstdisziplin und eigene
Zurück-haltung fordernder Broterwerb. Wir wollten das
unbedingt, erinnert sich Kerstin Micklitza, und selbst
als in manchem Monat nur 300 Mark raussprangen, haben wir weiter
gemacht.
Ein Kieler Verlag ließ sie erst ein Ungarn-Buch aktualisieren,
dann gab es den Auftrag, einen Reiseführer für Individualisten
zu schreiben. Sie mühten sich und erwiesen sich als verläßlich,
schrieben schließlich für die Spitzenmarken
der Branche.
Von den Ostländern sind beide bis heute begeistert. Abseits
vom Massentourismus, wo die Länder gerade erst im Aufbruch
sind, ist vieles Improvisation. Uns gibt das immer wieder
so eine Art Heimatgefühl: Alles ist wie früher in der
DDR...
Jede Menge Heimatgefühl steckt in dem aktuellen Werk der
Micklitzas Die Lausitz entdecken, erschien 2005 im
Berliner Trescher-Verlag. Auf 372 Seiten erzählt es sehr
komprimiert und zugleich anregend und anstiftend (fast) alles,
was ein Heimatfreund oder auch Gast der Gegend zwischen Neuzeller
Kloster und tschechischem Frydlant erleben könnte. Natürlich
Cottbus selbst und die liebreizende Niederlausitzer Umgebung sind
professionell beschrieben und mit verläßlichen Sevice-Informationen
versehen. Wer sich zuletzt noch immer auf das octavgroße
Büchlein aus dem Tourist-Verlag stützte, wenn er sich
eine neue Radtour vornehmen oder Gäste zum Kaffeetrinken
ausfahren wollte, der hat jetzt endlich das kompetente Nachfolgewerk.
Kleine Ungenauigkeiten in den knappe historische Hintergrund-Passagen
und manchmal recht eigenwillige Auswahl von Sehenswürdigkeiten
(das Cottbuser Stadtmuseum kommt gar nicht vor, gastronomisch
fehlen leider das obere - Radisson - und untere -
zum Beispiel Bäckerbörse oder Zur
Eisenbahn - Erlebnissegment) tun dem Buchanspruch kaum Abbruch:
Es gehört, meinen wir, in jeden Haushalt, der als Lausitzer
auf sich hält
Kerstin und André Micklitza, Die Lausitz entdecken,
Taschenbuch, Trescher-Reihe Reisen, 376 Seiten, s/w-Fotos, Karten,
14,95 Euro, ISBN 3-89794-058-2
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Hatten beim
Künstlerstammtisch im DoppelDeck viele Widmungen
in ihr neuestes Reisebuch zu schreiben: Kerstin und André
Micklitza, die vom Unterwegssein leben
Foto: Hnr. |