aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH
Erntezeit für Passionsfrüchte
KMD Wilfried Wilke im Künsterlstammtisch im DoppelDeck
Cottbus. Konventionen sind ihm fremd, in seinen Augen blitzt dynamische Unternehmungslust, vielleicht sogar etwas rebellisches, das er sich aus Kindertagen gerettet hat. Diese Begeisterungsfähigkeit ist es wohl, die Wilfried Wilke die schönsten Momente seiner bisher 35jährigen Berufskarriere spüren ließ.
Den Begriff „Kunst“ meidet er weniger aus Bescheidenheit denn aus Ehrfurcht, erfährt der Zuhörer im Künstlerstammtisch am Montag im DoppelDeck. Zu groß ist sein Anspruch an das Gelingen des Werkes. Und doch erinnert sich der Kantor und Organist an Momente, die dem höchsten Einklang sehr nahe kamen, wie die Aufführung der „Letzten Tage der Schöpfung“ von seinem Lehrer und Freund Herbert Gadsch. Damals, 1996,brillierte Schauspieler Rüdiger Joswig als Sprecher. „Man spürt es immer dann, wenn keiner mehr am Notenblatt klebt, sondern Sänger, Orchester und Solisten über sich hinauswachsen“, beschreibt er den seltenen Zustand höchster Erfüllung. Das erhofft er sich auch von der Aufführung des Osteroratoriums am Sonntag und will das tief Religiöse des höchsten Christenfeiertags mit dem Zauber der Auferstehungsstunde potenzieren.
Wenn ihm gelänge, ein wenig von dieser musikalischen Begeisterung auch in die Dorfkirchen seines Kirchenkreises zu tragen, wär ihm seine größte Sorge genommen. „Früher gab es Geld für Organisten - heute freut mich jedes ehrlich erlernte einhändige Begleitspiel, denn es ist ein Anfang“, meint er und zählt hoffnungsvoll die wenigen Schüler in seiner St. Nikolai-Musikschule. Dort gibt er seine Begeisterung für Klang und Baukunst der Orgeln weiter. Auch wenn das Lehren in vielen Chor- und Musizierstunden für ihn etwas vom Jonglieren mit dutzend Tellern hat - „...wenn es anfängt zu eiern muß man nachsetzen!“ - ihm liegt daran, daß wieder gesungen und gespielt wird auf den Dörfern.
So hat es schließlich auch bei ihm angefangen - mit Hausgesang, zu dem Anfang der 50er Jahre die ganze Familie im
voigtländischen Bad Elster zusammen kam am Sonntag. Später trieb die Leidenschaft fürs Orgelspiel ihn früh von dort fort, wo der Vater, von Beruf Baumeister, lieber handwerkliche Talente fördern wollte. „Erst durch dieses Verbot wurde meine Leidenschaft das, was sie ist“, und sein Blick bekam wohl das Rebellische, das bis heute zu sehen ist.
Eine erste Organistenstelle 1969 in Coswig, gelegen zwischen ehrfurchteinflößenden Kirchenmusiktraditionen in Meißen und Dresden, formte seinen Anspruch.
Mit dem kam er 1983 nach Cottbus und wurde 1996 ehrenhalber zum Kirchenmusikdirektor. Seine Passion für Orgeln ist seitdem tongewordene Wirklichkeit in Peitz und Heinersbrück zum Beispiel, wo ausrangierte Orgeln ihren neuen Standplatz fanden. Demnächst auch in Wolgograd, wenn die ehrenamtlichen Orgelbauer in der Oberkirche Erfolg haben und sich Spender für das nötige Transportgeld finden. (Die GRÜNE Heimatzeitung berichtete).
Aber davon ist er überzeugt und Wilke wär` nicht Wilke, wenn er nicht schon die nächsten Pläne schmiedete. Zum Beispiel für ein Harmonium-Museum auf seinem Bauernhof in Haasow. 25 Stück hat er schon gesammelt und für sie hat er gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen Czeslaw Grabowski vom Orchester Zielona Gora komponiert. Zu hören ist das Werk im Oktober zum Orgelfestival. Auch Mozarts Requiem steht in diesem Jahr auf seinem Aufführungsplan.
Mit den Polen pflegt KMD Wilfried Wilke übrigens eine der wenigen deutsch-polnischen Freundschaften der Stadt, die tatsächlich leben. Und auch das funktioniert, wie vieles in seinem Leben nur aus einem Grund: Aus Leidenschaft.

Musikschaffende mit Gepräge unter sich: Kirchenmusikdirektor Wilfried Wilke mit
Pianist Hans-Wilfrid Schulze Margraf und Kapellmeister a.D. Gerhard Baumert
(von links) am Künstlerstammtisch im
DoppelDeck. Viel Beifall gab es auch
für den künstlerischen Nachwuchs, der
den Abend umrahmte: Ina und Christin Lehmpfuhl mit Violinen
Foto: Gabi Grube
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