aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Viel ist erreicht, aber:"Die Weisen suche ich noch"
OB Karin Rätzel zieht 30-Wochen-Bilanz im überfüllten Presse-Café

Cottbus (h.) Bestens disponiert und informationsfreudig gab sich die Oberbürgermeisterin Donnerstagabend inmitten der Moderatoren Denis Kettlitz und Gabi Grube. Die schon traditionelle Talk-Stätte war überfüllt wie schon seinerzeit, als Karin Rätzel von gleicher Stelle ihre Einzelkandidatur für das OB-Amt bekanntgab und ihr Wahlprogramm erläuterte. An dem, das registrierten auch die kritischsten unter den Gästen positiv, hält sie Wort für Wort fest. Nur eins sei ihr noch nicht gelungen: einen "Rat der Weisen" an ihre Seite zu stellen. Sie habe ursprünglich an Persönlichkeiten aus den Kammern und Verbänden gedacht, doch sei sie etwas enttäuscht zu der Einsicht gelangt, daß man dort fast ausschließlich mit sich selbst beschäftigt sei. "Vielleicht ist auch ganz gut, Berater von außerhalb mit gewisser Draufsicht auf unsere Dinge zu finden", überlegte die Stadtchefin laut.

ECE: noch zweideutig

Natürlich stand am Anfang des Abends das Thema ECE im Raum. "Das Projekt in jetziger Form spaltet die Bürgerschaft wie nie eine Sache zuvor", meinte Karin Rätzel. Um so ärgerlicher ist das Stadtoberhaupt über die Hysterie, die gewisse Kreise in der Zeit vom 11. bis zum 18. November mit einem mysteriös an die Öffentlichkeit geratenen angeblichen Bescheid aus dem Innenministerium entfacht haben. "Die Kommunalaufsicht hat uns keinen endgültigen Bescheid zugestellt, sondern mir mit einer unzulässigen Rechtsmittelklausel die Verantwortung erneut zugeschoben", erklärt die Oberbürgermeisterin. Sie wolle aber am Ende keinesfalls in Haftung genommen werden. Das städtische Klima gibt ohnehin keinen Anlaß zu Leichtfertigkeit: "Ich habe schon Signale bekommen, ruhig zu sein", deutet sie Druck an, aber sie halte an dem Standpunkt fest, mit dem sie gewählt wurde. Im übrigen habe sie Anfang der Woche mit Alexander Otto in Hamburg, dem ECE-Investor gesprochen: "Ich kann mir nicht vorstellen, daß er genau informiert ist über das derzeitige Geschehen hier vor Ort", sagt sie. Ihr liege wenig daran, daß der Ruf eines Unternehmens womöglich geschädigt werde, mit dem Cottbus gern diesen Magnet an dieser Stelle bauen will - möglichst offen und mit integrierter Backsteinschule. "Wir werden allen Gestaltungsspielraum ausloten - aber so weit sind wir noch nicht", schloß sie das Thema zuversichtlich.

James Bond 2003?

Was aber, so Gabi Grubes Frage, macht das Cottbuser Kino. Sehen wir James Bond 2003 in der Stadt? Wohl noch nicht, aber der Stand der Dinge sei überschaubar. Ohne genaue Definition der Kosten für die Altlastenbeseitigung am Baustandort, könne keine Finanzierung der Sanierung - durch wen auch immer - erfolgen. "Jetzt bekommen wir Hilfe von der BTU - mit wissenschaftlich definiertem Aufwand wird die Finanzierung bald kein Problem sein.
Auch an ihre Hallenbad-Vison für Sachsendorf halte sie fest, sagt Karin Rätzel. Dort kann private Investition zum Zuge kommen. Im Übrigen sei man im "Bäderkonsens" mit Burg: Die Spreewaldgemeinde wird das "Gesund-Baden" in der Region betreiben, Cottbus das "sportliche Baden". Die CMT, derzeit Bäderbetreiber, habe mit dem neuen Geschäftsführer ihren "erschreckenden Haushalt-Status" offenbart; die Stadtverwaltung tendiert dazu, die Bäder den Sportstätten zuzuordnen. Eigentlich sei die CMT gar nicht haltbar, aber die Stadt steckt hier mit 30 Millionen Euro in der Bürgschaft und hätte, auch wenn sie das Unternehmen stillege, immensen Kapitaldienst zu bringen. Immerhin seien im Veranstaltungswesen Besserungen in Aussicht.

Verständnis wecken
Trotz mancher schwerwiegender Probleme sieht Karin Rätzel die Stadtgeschäfte gut in Fluß. Den Vorwurf eines CDU-Abgeordneten, "Politik aus der Black-Box" anzubieten sehe sie gelassen. "Ich haben dem Herrn Nachhilfe angeboten". Die Stadt habe kein "Parlament", in dem "Regierungserklärungen" abgegeben werden, sondern eine hauptamtliche und eine ehrenamtliche Verwaltung. Und die arbeiten recht produktiv: 90 Vorlagen passierten das Parlament, vielfach nach erster Lesung, weil sie gut vorbereitet und in den Gremien fundiert behandelt waren.
Man könne in dieser Stadt, mit den Unternehmen und ihren Bürgern sehr gut arbeiten, schildert Karin Rätzel Erfahrungen aus 30 Wochen. "Die Menschen können nämlich mit allem leben, selbst mit Wohnraum-Rückbau und mit Einschränkungen, wenn sie nur rechtzeitig und offen informiert sind.
An Beispielen für Engagement für die Stadt fehle es nicht. Sie nannte das Erfolgsprojekt Spree-Arkaden und Mühleninsel, die Ansiedlung von 300Arbeitsplätzen von BfA und Knappschaft, die Entscheidung von Textil-Steilmann und Kegelbahn-Funk für diesen Standort. Wie, will Denis Kettlitz wissen, gewinnt man Investoren; mit Bittgesuchen? "Nein, diese Leute können überall in Deutschland sein; sie entscheiden sich für den Ort, wo sie Professionalität im Rathaus vorfinden", ist die Antwort.

Das neue Team
Es sei ihr geglückt, für die Dezernate die Leute zu bekommen, die sie wollte. Die können eigenverantwortlich arbeiten, "wir verhaspeln uns jetzt nicht, sondern sondieren, sichern Qualität und werden im Januar verkünden, was die neue Rathausführung zusammen will.
Sie will, das voraus, auch gu-tes Miteinander mit dem Umland. "Der Landrat ist wie es ist - manchmal recht poltrig, aber eben auch klug. Wir reden zusammen, was wir erreichen, muß sich zeigen." - Die Oberbürgermeisterin bekam viel Beifall


Stühle, Hocker, Treppen und auch 
Stehplätze - alles besetzt im Presse-Café  DoppelDeck bei Karin Rätzels 
"Herbstlese" nach 30 Cottbuser  Regierungswochen 
Foto: Hnr.
 
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