aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH
Weil: Zicken haben große Träume
Anmerkungen zu einem neuen Show-Stück der TheaterNative C
Cottbus. Oh, dieses Showbusiness! Schwerstarbeit ist das. Kräfte- und nervenzehrend. Und eine Sucht - nach Garderobengeruch, nach Rampenlicht, nach rauschendem Beifall, nach Glanz und Glamour. Wir, das Publikum, denken nicht darüber nach, wenn wir an der Kasse das Geld hinlegen für einen lustvollen Abend. Normalerweise. Hier nun ist alles anders. Die “Zicken” ziehen uns hinein ins “Milljöh”, lassen uns teilhaben an Lampenfieber, ausgebranntem Ausflippen und faszinierendem Erstrahlen.
“Zickenalarm” ist eine musikalisch-literarische Collage auf und hinter der Bühne. Zwei Podien hat sich Regisseurin Sylvia Burza dafür nebeneinander stellen lassen. In einem, spartanisch als Garderobe ausgestattet, fiebern die noch sehr zahmen Zicken, während das Publikum noch Stühle rückt, dem ersten Vorhang zu: Vokale lallend und Lippen lockernd, trippelnd und räkelnd oder eben - strickend. Die Zicken sind grundverschieden: Annette (Sylvia Andiel), ein durchgebranntes Heimkind, wild und ungelenk, Regine (Irena Sraka) stolz und zum Mondänen neigend, Kathi (Suzanne Kockat) frech und draufgängerisch. Doch sie werden in dieser Show zeigen, daß vieles nur Fassade ist. Zicken sind Zicken, weil ihre Sehnsüchte und großen Träume ihnen manchmal Flügel, mitunter aber auch plüscherne Schwermut verleihen.
“Zickenalarm” ist viel mehr als ein Nummernprogramm, wenngleich sich auch großartige Darbietungen, perfekt gesungen, gespielt und getanzt - und mitreißend gesteppt von Irena Sraka und Sylvia Andiel! - aneinanderreihen. Ausgeliehen sind die Titel überwiegend aus amerikanischen Musicals; die Inszenierung aber lebt von einem nie reißenden oder gar zerrenden Handlungsfaden, der stets vollkommen logisch aus kurzen Wortwechseln oder manchmal nur pantomimischen Andeutungen in neue Melodien, Tänze, Lieder führt.
Gott, welcher Schmelz in der geradezu ergreifend vorgetragenen Spießerhymne vom “Häuschen, weit weg von der Stadt”! Welch stimmliches Beben im Duett der Schönheiten von Soho, welcher Witz in der Stolper-Holper-Nummer, welch’ Suggestion in dem “Big Spender” zum Einstieg und als Zugabe zum Schluß!
Mit größter Akrebie ist diese letzlich so leicht daherkommende Zicken-Show erarbeitet worden. Die drei Darstellerinnen beherrschen jedes Detail, und sie können sich - winzige Mißverständnisse im Premierendruck ausgenommen - absolut auf Natscha Schauermann am Klavier und Jerzy Dubanowski am Bass/Schlagzeug verlassen. Musikalisch und choreografisch hat Irena Sraka die Verantwortung übernommen.
“Zickenalarm” bekam riesigen Premieren-Applaus, und der war durchaus verdient. J.H.
Drei “Zicken” legen los
Drei “Zicken” legen los: Regine (Irena Sraka), Kathi (Suzanne Kockat) und Annette (Sylvia Andiel) in großer Show-Pose
Foto: Reinhard Brummack
zurück...