aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH
Wir hätten’s wohl nicht besser gemacht
Erinnerungen an eine „Geburt mit Schmerzen“ und Nachdenken über den Sinn von Aktionismus
Auf den Tag zehn Jahre zuvor hatte er seinen Platz als Landrat geräumt. Der Kreis Cottbus-Land hatte aufgehört zu existieren, wurde Teil des Kreises Spree-Neiße. „Eine Geburt mit Schmerzen“, erinnert sich Dr. Christian Hanisch heute. Wie zwei seiner CDU-Kollegen wollte er gern Spree-Neiße-Landrat werden. Die Wahl im CDU-dominierten Gebiet ging ohne Koalitionen gründlich schief; lachender Gewinner wurde der SPD-Mann Dieter Friese - ein „Externer“. „Das war vielleicht die günstigste Lösung“, räumt der Ruheständler heute ein, und trotz mancher Kritik spricht er für sich und seine ebenfalls unterlegenen Mitbewerber: „Wir hätten’s wohl auch nicht besser gemacht, nur mit anderen Querelen.“
Hanisch hatte damals für einen „Kragenkreis“ um Cottbus einschließlich Amt Vetschau mit Kreissitz in Cottbus geworben. „Cottbus muß kreisfrei bleiben“, ist er sich noch heute sicher. Das Umland hat dem Oberzentrum zu dienen, erklärt er, kritisiert aber zugleich die „Hochnäsigkeit der Cottbuser Stadtverordneten“. Daß es zu wenig Vertrauen zwischen Landrat und Oberbürgermeisterin und zwischen den Vertretungen gebe, sei „besonders fatal“.
Dr. Hanisch war nach der Kreisneubildung noch eine Wahlperiode Kreistagsabgeordneter und beobachtet heute als Pensionär das Geschehen. Forst als Kreissitz sei eine klare Fehlentscheidung, analysiert er. Man hatte durch Kreissitze in Randlagen (auch in anderen Kreisen) diesen Orten einen Anschub geben wollen. „Aber außer dem überteuerten Kreishaus“ sei nichts entstanden. Man sitze „fernab vom Schuß“, was auch dem Haupziel schadet, das zu verwirklichen ist: der gemeinsamen Wirtschaftsförderung. Wenn Investoren an Rat-haustüren klopfen, gingen sie auch mal zum Landratsamt um die Ecke. Aber wer fährt schon nach Forst? Nicht einmal Hanisch selbst wollte sich das zum gestrigen Empfang antun. Er hatte eine Einladung, bleibe aber „bei seiner Linie.“
Weiteren Gebietsreformen, über die geredet wird, steht Hanisch skeptisch gegenüber: „Das ist nichts als Aktionismus im Mangel. Die Bürger interessieren solche Kreis- oder Amtsgrenzen gar nicht. Die gewöhnen sich an das, was ist.“ Verwaltung sei nur gut, wenn man sie gar nicht spüre, erklärte der Fachmann. Jedoch sei es kein gutes Zeichen, wenn man von der Arbeit des Kreistages kaum etwas höre. „Es ist schwer, den Dingen zu folgen, weil die Berichterstattung über die Arbeit der Abgeordneten immer dünner wird. „Auch der Presse scheint Forst zu weitab zu liegen.“ Selbst mit der polnischen Öffnung werde aus der Randlage keine Zentrale. Niemand werde nach Forst wollen. „Wenn Sie sehen, wohin die eine Brücke bauen, dann wissen Sie, daß die lange überlegt haben, ob sie die längs oder quer bauen sollen“, lästert Hanisch. Er hat viele Sprüche drauf, vergleicht die Landesthese von der gescheiterten „dezentralen Konzentration“ mit “rechteckigen Kreisen“ und nennt die „Verschlimmbesserung“ von der Gestaltung und Umgestaltung eine „ewige Unterhaltung“. Was im Kern seine Ansicht nicht ändert: Der Spree-Neiße-Kreis ist ein gelungenes Gebilde.
Dr. Christian Hanisch zu Gast bei Gabi Grube
Genau zehn Jahre nach seinem letzten Arbeitstag als Landrat war Dr. Christian Hanisch diese Woche nachdenklicher Gast bei Gabi Grube auf dem PolitPiano-Podium
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