Cottbus.
Mit einem Wespenstich mitten auf der Stirn, als hätte ihn einer
"abschießen" wollen, kam Werner Labsch diesen Donnerstag
zum PolitPiano ins Presse-Café DoppelDeck. Der ehemalige
Bergbaukumpel aus Kausche plauderte bei Klängen von Schubert
und Tschaikowski im gut gefüllten Haus über acht Jahre
Bundestag. Darüber, wie ihn Altbundeskanzler Helmut Schmidt
zur Brust genommen hat. Wie Schröder mit ihm über sein
japanisches Auto diskutierte, und über die Begegnungen mit
Shimon Perez und Yasser Arafat.
Gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl war es wohl einer seiner
letzten großen Medienauftritte. Für eine weitere Legislaturperiode
wird Labsch nicht mehr antreten. Den Staffelstab gibt er nun an
den 47jährigen Konzernbetriebsratsvorsitzenden Wilfried Schreck
ab.
Bevor Werner Labsch die Macht in Bonn und Berlin erschnuppern durfte,
vergingen doch einige Jahre. Dem System der DDR gegenüber kritisch,
mußte Labsch Mitte der fünfziger Jahre wegen versuchter
Republikflucht in den Knast nach Schwarze Pumpe. Dort wurde er zum
Gleisbauarbeiter in gestreiften Hosen, machte später dennoch
als "parteiloser Kommunist" Kraftwerkskarriere. Sein Wissen
um die Großtechnik nützte im später in außenpolitischen
Aufträgen: am Ural und im Kosovo konnte er Hilfe zur Selbsthilfe
vermitteln und Aufträge für Firmen dieser Region anbahnen.
Bevor er 1994 in den Bundestag einzog, war Labsch Bürgermeister
von Cottbus. "Eigentlich wäre ich gern Oberbürgermeister
geworden, doch davon waren meine Genossen nicht begeistert",
so der 65jährige. Jetzt will er's nicht mehr: "Da ist
doch eine gute Frau."
Seit der Gründung der Ost-SPD 1989 war er neun Jahre deren
hiesiger Vorsitzender. Über die Probleme innerhalb der Cottbuser
SPD wollte Labsch an diesem Abend nicht sprechen. "Nach der
Bundestagswahl werde ich mich wieder mehr den kommunalen Themen
widmen und vor allem mein Auge auf die Politik der Cottbuser SPD
richten." Ob er im nächsten Jahr zur Kommunalwahl antreten
wird, wollte Moderatorin Gabi Grube wissen. Seine Antwort: "Nein,
das werde ich nicht tun."
Weinend wird er Berlin nicht verlassen. "Wir haben das alles
gut vorbereitet. Es gibt einen Zeitpunkt, da sollte man das Feld
jüngeren überlassen."
Der Lausitzer zieht sich Richtung Burg zurück, "in meinen
geliebten Spreewald", sagt er, und auch zu den Enkelkindern
und zu den Mücken. Er streicht sich über die Stirn; der
Wespenstich hat nichts Arges anrichten können ...
D.K.
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Werner Labsch wird nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag die Politik
nicht an den Nagel hängen, sondern sich weiter kritisch zu bestimmten
Themen äußern
Foto: Kettlitz |